Oh oh oh, das wird teuer!
Wasn los?
Sie haben sich schon eine sehr gute Ausrede überlegt auf der Fahrt zum nächsten Kunden: „Meine Oma ist gestorben.“ Genauer gesagt, sagen Sie das meist, wenn Sie zu spät irgendwo hinkommen, egal, ob es sich um den verstopften Abfluss oder den kaputten Boiler handelt: Denn so müssen Sie nicht lügen. Dass der Tod Ihrer Oma schon fünfzehn Jahre zurückliegt, muss ja keiner wissen.
Auf der Fahrt zu der Familie, bei der nur noch kaltes Wasser aus dem Hahn kommt, rauchen Sie eine Zigarette nach der anderen; auf der einen Seite rauchen Sie auf Vorrat – wer weiß denn, wie die wohnen, ob die einen Balkon oder eine Terrasse zum Rauchen haben, in der Wohnung wollen die das bestimmt nicht, was Ihnen eigentlich egal ist, aber naja, mit Kindern – und außerdem können Sie Ihren eigenen Geruch fast nicht mehr ertragen, die letzte Dusche ist zwei Wochen her und ob Ihre Arbeitslatzhose waschbar ist, haben Sie in den letzten Jahren noch nicht herausgefunden. Gestern gab es Döner, wie die letzten Tage auch, der schmeckt nur mit ordentlich Knoblauchsoße und Zwiebeln und Zähneputzen halten Sie für überbewertet.
Sie werden nach Stunden bezahlt, also klingeln Sie erst einmal nur ganz kurz, vielleicht hat man Sie ja nicht gehört und Sie können eine weitere Anfahrt in Rechnung stellen. Das Werkzeug liegt noch im Auto, so schaffen Sie sich eine Gelegenheit, noch eine zu rauchen, während Sie es holen. Alles folgt Ihrem ausgeklügelten Plan.
Verdammt, die Tür geht blitzschnell auf und ein Herr strahlt Sie an, während Sie rauchend und fluchend vor ihm stehen: „Da sind Sie ja! Nur drei Tage zu spät! Und das nach nur vier Monaten Wartezeit auf einen Termin!“
Er scheint sich ehrlich zu freuen, wahrscheinlich hat er die Beschriftung auf Ihrem Auto gesehen, woher weiß er sonst, wer Sie sind? Mürrisch grummelnd drücken Sie sich an Ihrem Kunden vorbei ins Haus, und pusten ihm noch einen kräftigen Schwall Rauch ins Gesicht. Ihre schweren Schuhe, mit denen Sie durch den matschigen Vorgarten gelatscht sind, hinterlassen eine deutliche Spur.
„Wosndsproblem?“ nuscheln Sie teilnahmslos.
„Erst einmal nochmal einen ganz herzlichen Dank, dass Sie es einrichten konnten! Wir sind jetzt seit vier Monaten ohne warmes Wasser, können Sie sich das vorstellen? Wir müssen alles immer im Kocher erwärmen, auch das Badewasser für das Baby. Ich führe Sie mal in den Keller, da sind die Hähne.“
Auf dem Weg in den Keller treten Sie Kinderspielzeug und eine Lampe zur Seite, rülpsen laut und lassen Ihren Flatulenzen freien Lauf. Wie Sie es gewohnt sind, tut das der Dankbarkeit Ihres Kunden keinen Abbruch.
„Hier sind Zu- und Ablauf und die Heizung“, lässt Sie der Kunde wissen. Das interessiert Sie aber nicht. Sie kennen die Heizung. Sie haben erst mal nur Augen für die Räume um sie herum. Sehr interessant, was sich da alles so stapelt. Manche Menschen sammeln auch wirklich jeden Ramsch.
„Ich muss einen Kollegen anrufen, keine Ahnung, was hier los ist“, lassen Sie den armen Mann wissen und weiter: „Hier ist kein Empfang.“ Sie gehen also erst einmal raus zum Telefonieren. Eine gute Gelegenheit gleich noch eine zu qualmen. Sie haben acht Nachrichten auf dem Handy, von Kunden, die auf Sie warten. Sie löschen die Nachrichten und gucken erst einmal Eishockey-Videos auf TikTok und rauchen. Als der Hausherr fragend den Kopf zur Tür rausstreckt, brüllen Sie: „Immer langsam mit den jungen Pferden! Ich erreiche keinen von meinen Kollegen!“ In aller Ruhe rufen Sie Ihren Kumpel an und verabreden sich mit ihm in einer Viertelstunde an der Currywurstbude. Sie gehen mit dem inzwischen etwas nervösen Mann wieder in den Keller. „Und, konnte der Kollege helfen?“, fragt er Sie vorsichtig. Hält der etwa die Luft an, während er mit Ihnen spricht? Unverschämtheit!
„Ich brauch ne Zange“, lassen Sie den Mann wissen, „Hast du eine für mich?“
„Äh, ich hatte mich schon gewundert, haben Sie denn selbst kein Werkzeug dabei?
Mit den Worten: „Im Auto“ schlendern Sie wieder nach Draußen und informieren Ihren Kumpel, dass es später wird. „Ist hier eher was Kompliziertes“…“, sagen Sie so laut, dass der Hausherr das auf jeden Fall auch hört.
Mit einer Zange kommen Sie zurück, stellen sich, ohne, dass Sie bisher irgendetwas angerührt haben, geschweige denn gründlich geguckt, kopfschüttelnd vor die Heizung und murmeln etwas von „Schlupfmuffen, Drehventilen und Abfront- Vermörsern“, oder anderen ausgedachten, technischen Begriffen.
„Ich kann Ihnen nur eines sagen: Billig wird das nicht!“, sagen Sie, zum ersten Mal deutlich und in Richtung des Kunden.
„Aber, was ist denn los?“, fragt dieser verzweifelt.
„Wahrscheinlich ist was mit der Heizung“, erklären Sie nebulös und mit Sorgenfalten auf der glänzenden Stirn, „das muss sich mal der Chef angucken. Der ist allerdings im Urlaub, Südafrika, acht Wochen.“ Mit diesen Worten steigen Sie ächzend die Treppe nach oben, lassen den Hausherrn spüren, was für eine Zumutung dieser Auftrag für Sie ist.
Grußlos setzen Sie sich in Ihren Wagen und brettern mit quietschenden Reifen zur Currywurstbude. Die haben Sie sich jetzt aber redlich verdient!
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